„Im Gebrüll der Dollfuß’ Kanonen…“
Symposium zum 90. Jahrestag des Februaraufstands

10. und 11. Februar 2024
Uni Campus Altes AKH, 1090 Wien

Das Bündnis 12. Februar organisiert anlässlich des 90. Jahrestages der Februarkämpfe im Februar 2024 ein Symposium. Es findet Samstag den 10. und Sonntag den 11. Februar 2024 bei freiem Eintritt statt.

Das Symposium behandelt die Themenblöcke Austrofaschismus und Februarkämpfe. Spezifische Frauenpolitische Perspektiven werden eingebracht und Frauenschicksale bzw. -perspektiven besonders berücksichtigt. Durch die breite Fächerung der Themen wird eine umfassende gesellschaftliche und politische Analyse des Austrofaschismus und der Februarkämpfe geboten.

Die Zerschlagung der Sozialdemokratie –
Österreichs Außenpolitik am Scheideweg zwischen Faschismus und Demokratie


Der Korneuburger Eid – frühe Entscheidung gegen die Demokratie
Anhand der Geschehnisse rund um den Korneuburger Eid wird gezeigt, wie die sich weite Teile der Christlichsoziale Partei gemeinsam mit den Heimwehren gegen Demokratie und Parlamentarismus verbünden. Die Reaktionen des Auslands und die Abhängigkeit von einer Auslandsanleihe hatte 1930 noch die Zerschlagung der Sozialdemokratie und des Parlaments verhindert.

Februar 1934
-Dollfuß und die Legende vom Vasallen Mussolinis
Österreichs Außenpolitik zwischen Italien und Deutschland zeigt die Spannungsfelder zwischen diesen drei Staaten auf. Die Regierung Dollfuß entschied sich für den Faschismus.
-Reaktionen des demokratischen Auslandes
Fallbeispiele:
Großbritannien (Ethel Snowden und die Labour Partei)
Frankreich (Regierung Leon Blum)

Resümee
Alle Regierungsmaßnahmen – von der Ausschaltung des Parlaments im März 1933 über den Abbau des Rechtsstaates auf allen Ebenen– wurden mit dem Zweifrontenkrieg gegen die Sozialdemokraten und Nationalsozialisten begründet. Tatsächlich aber war es ein Dreifrontenkrieg wie sogar im Ministerrat festgestellt wurde. Neben der sozialistisch-kommunistischen und der nationalsozialistischen Front wurde auch die liberal-demokratische Front „und zwar nicht nur in Österreich, sondern in der ganzen Welt“ angeführt. Die Vertreter des Austrofaschismus hatten die linke Front blutig zerschlagen und sich damit außenpolitisch immer mehr isoliert. Österreichs Konkurrenzfaschismus bzw. Imitationsfaschismus wirkte letztlich auch als „emotionale Vorbereitung“ auf die NS-Herrschaft.

Anni Haider erzählt

Am 12. Februar 1934 kämpfen im Wiener Goethehof Schutzbündler_innen gegen die faschistische Heimwehr und für eine bessere Zukunft. Unter ihnen ist eine junge Frau, Anni Haider, Textilarbeiterin und politische Aktivistin. Als immer klarer wird, dass der Kampf verloren ist, deckt sie mit dem Maschinengewehr den Rückzug der fliehenden Männer. Verletzt und von der Polizei gesucht, verbirgt sie sich daraufhin einige Tage im damaligen Überschwemmungsgebiet der Donau bis ihr aus der nahe gelegenen Armensiedlung „Brettldorf“ Hilfe angeboten wird.

Im Anschluß spricht Elisabeth Holzinger, eine der Regisseurinnen, über den Film, seine Entstehung, über Anni Haider und die frauenspezifischen Aspekte dieses Projekts.

Anni Haider erzählt:
A 1983, 30 min, 16mm s/w
Regie: Karin Berger, Elisabeth Holzinger, Lotte Podgornik, Lisbeth N. Trallori
Mit: Anni Haider
Kamera/Ton: Franz Grafl
Sprecherin: Waltraud Kutschera

Die Februarkämpfe 1934 in Oberösterreich aus der Sicht der KPÖ

Mit dem Freispruch der Mörder von Schattendorf und dem Massaker beim Justizpalastbrand verschärft sich ab 1927 das politische Klima. Die Weltwirtschaftskrise ab 1929 trifft Österreich besonders hart. 1931 leitet die Heimwehr mit dem „Korneuburger Eid“ den Marsch in den Austrofaschismus ein. Angriffe von Heimwehr und Nazis auf linke Veranstaltungen nehmen zu.

Die kleine KPÖ erfährt ab 1930 einen Aufschwung, sie warnt vor parlamentarischen Illusionen der Sozialdemokratie und dem Faschismus, der mit der Machtergreifung der Nazis in Deutschland 1933 evident wird.1933 wird von Kanzler Dollfuß das Parlament ausgeschaltet, Maiaufmärsche, Schutzbund und KPÖ werden verboten.

Dass der Februaraufstand 1934 in Linz seinen Ausgang nimmt, hängt maßgeblich mit der Rolle des sozialdemokratischen Landesparteisekretärs Richard Bernaschek zusammen. Die Schauplätze sind Linz, Steyr und das Kohlenrevier, kleinere Auseinandersetzungen finden in Stadl-Paura, Ebensee, Attnang-Puchheim und anderen Orten statt.

Das Scheitern ist vorprogrammiert, weil es nicht zum bundesweiten Generalstreik kommt. Der Aufstand wird von Bundesheer und Heimwehr brutal mit Kanonen auf Arbeitersiedlungen in Steyr und standrechtliche Hinrichtungen niedergeschlagen.

Der Februaraufstand 1934 ist ein letzter Versuch, die Demokratie zu retten. Die Niederschlagung bedeutet die Festigung des Austrofaschismus. Es folgt das Verbot der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie, deren Mitglieder sich großteils in die Passivität zurückziehen.

Die KPÖ ist nicht federführend am Aufstand beteiligt, jedoch kämpfen zahlreiche Kommunisten im Schutzbund. Die massive Enttäuschung über das Versagen der Sozialdemokratie führt zu einem großen Zustrom zur KPÖ.

„Wir wünschen, daß die Arbeiterschaft
unmittelbar als erster Waggonhinter der Lokomotive rangiert.“
Integrationsstrategien gegenüber Arbeiter:innen im Austrofaschismus

Das Verhältnis zwischen austrofaschistischem Regime und Arbeiterschaft wurde bisher primär aus dem Blickwinkel der Repressionspolitik gegen die organisierte Arbeiterbewegung beleuchtet. Viel weniger bekannt sind hingegen die zahlreichen Integrationsmaßnahmen, die auf die Bekehrung und Gewinnung der „ehemals“ sozialdemokratischen Arbeiter:innen zielten. Zusätzlich zum Ausbau der Propaganda lag der Schwerpunkt dabei auf der organisatorischen Anbindung an das Regime über den regimeloyalen Gewerkschaftsbund und die Monopolpartei Vaterländische Front. Neben dem pragmatischen Aspekt der Machtabsicherung wurde damit auch ein größerer gesamtgesellschaftlicher Gestaltungsanspruch verfolgt: Im neuen Staat sollten die Arbeiter:innen ihre untergeordnete gesellschaftliche Position akzeptieren und im besten Fall aktiv bejahen.

Der Vortrag beleuchtet die Umsetzung der Integrationspolitiken vor dem Hintergrund regimeinterner Konflikte um die Arbeiterfrage sowie im Wechselverhältnis zur Repressions- und Sozialpolitik des Austrofaschismus. Zusätzlich wird die Positionierung der illegalen linken Opposition, aber auch jene unorganisierter Arbeiter:innen zu den Integrationspolitiken diskutiert.
Dabei stehen zwei Hypothesen im Zentrum:
1. Obwohl das austrofaschistische Regime einen Teilerfolg bei der organisatorischen Erfassung der Arbeiterschaft erzielte, konnte kaum deren positive Identifikation mit dem „Ständestaat“ erreicht werden.
2. Allerdings kanalisierten die Integrationsangebote Widerstandstätigkeiten der illegalen Arbeiterbewegung und trugen so zu einer Stabilisierung des Regimes bei.

Verbotene Bücher 1933-1938 im Spiegel der Gerichtsakten

Das „Verzeichnis über jene Bücher und Broschüren, welche vom Landesgericht für Strafsachen Wien I, seit 1. Jänner 1933 auf Grund des Strafgesetzes beschlagnahmt worden sind“ führt anhand der angeführten Aktenzahlen zu einer großen Menge von Gerichtsakten im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Sie wurden vereinzelt in der Literatur zu den Bücherverboten erwähnt, doch ein genauerer Blick lohnt sich für die Forschung allemal.

Zur Förderung der Sittlichkeit im autoritären System wurde erotische und sexualwissenschaftliche Literatur verboten, ebenso humoristische, antisemitische oder antiklerikale. Nationalsozialistische Schriften wurden allerdings nach dem Abkommen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland teilweise wieder zugelassen. Strafverfahren zu kommunistischer, sozialistischer und sozialkritischer Literatur nahmen im Verlauf der Jahre ab, zumal sich deren VerfasserInnen zumeist bereits im Exil oder die Verlage im Ausland befanden, was im Übrigen für die Behörde zum Verlust des Kostenersatzes in den immens aufwändigen Verfahren führte. Hier interessieren beim Blick in die Strafakten nicht nur die oft darin enthaltenen beanstandeten Broschüren, sondern auch die entwickelten Strategien wie Pseudonyme, fingierte Verlage oder Titel.

„Die Waffe übernahm ich erst am Posten von meinem Vorgänger,
den ich namentlich nicht kannte.“
Die Februarkämpfe in den Vernehmungsprotokollen österreichischer Remigrant:innen
aus der UdSSR zwischen 1934-1938

Der Beitrag behandelt die Remigration von Österreicher:innen aus der UdSSR in den Jahren 1934 bis 1938. Diese Remigrant:innen wurden von den österreichischen Behörden noch an der Grenze abgefangen und verhört. Angeordnet hatte die Vernehmungen das „Staatspolizeiliche Büro“ (StB), eine Behörde im österreichischen Innenministerium. Mit dem 1933 gegründeten StB wurde die Bekämpfung der politischen Opposition im Austrofaschismus gebündelt. Da die Remigrant:innen aus der Sowjetunion kamen, vermutete die österreichische Staatspolizei in ihnen Anhänger:innen der Arbeiter:innenbewegung.

Wie begegnete das StB dieser vermeintlichen Bedrohung? Welche Interessen verfolgte das StB mit den Vernehmungen? Und wie schilderten die Remigrant:innen die Februarkämpfe gegenüber den Polizeibehörden? Um diese Fragen zu beantworten, wurden über einhundert Vernehmungsprotokolle analysiert.

Austrofaschismus: Selbstverständnis und politische Struktur

Der Austrofaschismus präsentierte sich ebenso wenig wie der italienische Faschismus mit einem ausgefeilten ideologischen Programm. Ungeachtet dessen lassen sich zentrale Elemente des ideologischen Selbstverständnisses herausstellen. Grundelemente dieses Selbstverständnisses hat Dollfuß in seiner programmatischen Trabrennplatzrede vom September 1933 formuliert: Einen zentralen Fokus seines Selbstverständnisses bildete die Ablehnung von Parlament und Parteienstaat. Als Gegenfolie zum Klassenkampf propagierte Dollfuß darin die ständische Organisierung der Gesellschaft in Form der Zusammenfassung und Zusammenarbeit zwischen Lohnarbeit und Kapital, zwischen Bauer und Knecht. Die wesentlichen Eckpunkte in einem Satz dieser Rede zusammengefasst: Wir „wollen den sozialen, christlichen, deutschen Staat Österreich auf ständischer Grundlage unter starker, autoritärer Führung.“

„Antiideologien“ wie antidemokratische, antiparlamentarische, antiliberale und antimarxistische Vorstellungen waren im bürgerlichen Milieu Österreichs in den 1920er Jahren und in den faschistischen Nachbarstaaten verbreitet. Sie wurden nunmehr zu festen Bestandteilen des austrofaschistischen Selbstverständnisses.
Gleiches gilt für die Vorstellungen der berufsständischen Organisierung der gesellschaftlichen Beziehungen.

Die politische Herrschaft beruhte im Austrofaschismus nicht auf demokratischer Legitimation, sondern auf autoritär, hierarchisch bestimmten Entscheidungen. Der „stark autoritäre Zug der Verfassung“ wird an der darin festgelegten Führungsposition und Rolle des Bundeskanzlers ebenso wie an der Stellung der Regierung in politischen Entscheidungsprozessen ersichtlich.

Der politische Pluralismus war nicht nur dadurch weitgehend ausgeschaltet, dass es keine Wahlen in die Gesetzgebung gab. Am gleichen Tag wie die Verfassung (1. Mai 1934) wurde in einem eigenen Gesetz die Grundlegung der politischen Monopolorganisation des Austrofaschismus, der Vaterländischen Front, kundgemacht.
Die Festlegung des politischen Rahmens des neuen Herrschaftssystems durch die Verfassung 1934 kann an zwei Aspekten näher aufgezeigt werden: an der Gesetzgebung und an der „berufsständischen Grundlage“.

 

Die KPÖ und der Februar ’34

Die Kommunistische Internationale und ihr folgend auch die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) betrachteten die Sozialdemokratie Anfang der 1930er-Jahre nach der sogenannten „Sozialfaschismus-Theorie“ als Verbündete des Faschismus.

Doch nach der Zerschlagung der sozialdemokratischen und der kommunistischen Partei durch das deutsche NS-Regime 1933 und den Aufstand sozialdemokratischer Arbeiter:innen gegen den Faschismus im Februar 1934 in Österreich konnte diese These nicht weiter aufrechterhalten werden.
Ungefähr 13.000 Sozialdemokrat:innen traten nach den Februarkämpfen der KPÖ bei, die zuvor eine Gruppe mit nur 3.000 Mitgliedern gewesen war.

Eine Folge des Februar 1934 war die Diskussion der besungenen „Uns´rer Klasse eherne Einheit“, die “ nichts mehr niederringen kann“, war im Kampf gegen den Faschismus die Durchsetzung der sogenannten „Volksfront“-Strategie beim VII. Kongress der Kommunistischen Internationale im Sommer 1935 und 1936 die Forderung nach Österreich als „demokratische Republik“.

 

Wiener Arbeiter:innen im bewaffneten Kampf gegen den Faschismus (Februar 1934)

Der Beitrag behandelt die Kämpfe in Wien.

Ab Jänner 1934 kommt es zur Verhaftung aller Wiener Schutzbundkommandanten und vieler Funktionäre.
Beginn und Verlauf der Kämpfe waren weitgehend spontan. Es dominierten defensive, zersplitterte Abwehrkämpfe, vor allem in den Gemeindebauten, insbesonders in Ottakring, Floridsdorf, Meidling, Favoriten und um den Karl-Marx-Hof. Insgesamt gab es sehr wenige offensive Aktionen und nur wenige richtige, militärische Kampffronten. Diese v.a. im Nordosten (Floridsdorf) und im Süden (Laaerberg).

Dazu Beispiele aus Berichten von den Kämpfen in Meidling und aus dem Bericht von Elsa Meier aus Favoriten über die kommunistische Frauenkolonne am Laaerberg. Außerdem Kindheitserinnerungen aus den späten 1950er Jahren mit Zeitzeugen, einige allgemeine Einschätzungen und Bemerkungen zur Rolle der KPÖ.

Als weitere Vortragende haben bisher zugesagt:
Werner Anzenberger, Lucile Dreidemy, Heimo Halbrainer, Veronika Helfert, Nikolaus Kohlberger, Lena Köhler,
Andreas Kranebitter, Thomas Lösch, Wolfgang Maderthaner, Peter Melichar, Stephan Neuhäuser, Alfred Pfoser, Charlotte Rönchen, Pia Schölnberger, Kamila Staudigl-Ciechowicz, Irina Vana und Florian Wenninger 

begleitende Ausstellung: Thomas Fatzinek